Hildegard Medizin (eine besondere Heilkunde)
Vor mehr als 900 Jahren lebte die Heilige Hildegard von Bingen übrigens nur einen Steinwurf von meinem Heimatort an der Nahe entfernt. Das nach ihr benannte Medizinsystem der „Hildegardheilkunde“ orientiert sich freilich an alten klösterlichen Traditionen. Dennoch hat Hildegard keineswegs ständig aus anderen Textquellen ihrer Zeit abgeschrieben, sondern hat „ihre Medizin“ in Visionen; in „Gesichte“, wie sie es selbst nannte, zugesprochen bekommen.
Das macht ihre Medizin noch heute besonders, und zwar im ganzen europäischen Kulturraum. Ihre Medizin kann als wirksam angesehen werden. Nicht nur, da sie selbst 82 Jahre alt wurde und damit doppelt so alt wie der Durchschnitt ihrer Landsleute damals, sondern auch deshalb, weil eine Reihe äußerst interessanter Heilungen durch die Hildegard-Medizin überliefert wurden. So hat sie eine Reihe von Rezepten, vor allem für die mit Wein komponierten Elixiere, hinterlassen, die erstaunliche Heilungschancen bieten. Insbesondere bei Magen-Darm-Problemen (z.B. bei zunehmenden Sodbrennen). Ihre Rezepte konzentrieren sich zwar oft auf den Verdauungstrakt aber sie behandelte auch die Gesundheit der Lunge, der Leber und des Herzens. In Ihrer Vorstellung waren die Organe Individuen, die sie mit besonderen, mitunter eigen wirkenden Therapiemethoden behandelte. Offenbar benutzte sie damals erfolgreiche Wege, denn zu ihrer Zeit kannte man nur die Drei-Säfte-Lehre. Die gesamte Medizin war auf Ausleitungsverfahren hin ausgerichtet, um das Säfte-Gleichgewicht wiederherzustellen. Etwa durch Aderlass, Klistier und Ölzug.
Hildegard jedoch begriff den Zusammenhang zwischen den Organsystemen und sogar die Funktion des Vegetativums und war damit der Medizin ihrer Tage um Jahrhunderte voraus.
Heute nun, 900 Jahre später, stellt sich heraus, dass Hildegard den Schlüssel zur Psychosomatik gefunden hatte. Dieser Zweig der Medizin, der das bereits vorher erwähnte Vegetative Nervensystem in den Mittelpunkt stellt, erhält heute immer mehr Beachtung auch in der sogenannten Schulmedizin. Der Zusammenhang zwischen Vegetativum und körperlicher Gesundheit wird heute nicht mehr in Frage gestellt.